Lorcana Masterclass – Deckbuilding

Veröffentlicht am 2. August 2025 um 15:00

Nachdem wir uns letzte Woche die verschiedenen Decktypen angeschaut haben, widmen wir uns heute dem Deckbau. Die erste Frage, die wir uns stellen müssen, ist welchen Deckarchetyp wir bauen wollen. Um das Ganze etwas lebhafter zu gestalten, nehme ich euch mit in meine Gedankengänge für mein Lila-Stahl Deck mit dem ich immerhin als 25./156 auf der Gamescom LAN und 105./465 in Ravensburg zweimal jeweils ein Bracket knapp am Top-Cut gescheitert bin.

Ich hatte von Set 1-5 Steelsong gespielt und war durch alles Highs und Lows des Decks gegangen. Von üblen Snowballspielen, bei denen meine Gegner quasi nichts aufs Feld bringen durften bis zu Tälern voller Tränen. Besonders geprägt hat mich ein Spruch, den ich im Keep Seven in Lübeck gehört habe, der Steelsong leider allzu oft treffend beschreibt: „Ich bin so hart gebrickt, dass ich ein Haus bauen könnte.“ Zu Set6 sollte es also was Neues werden. Konsistenz war mir wichtig, sodass ich relativ viel Draw im Deck haben wollte. Also war Amethyst als Farbe gesetzt. Auf der anderen Seite finde ich es aber auch wichtig mit dem Board der Gegner interagieren zu können, daher ist Stahl eine naheliegende Wahl. Mitunter durch das viele Limited spielen in meinem LGS, habe ich ein Faible für Value Trades und flexibles Gameplay entwickelt. Es sollte also ein Midrange Deck in Amethyst Stahl werden; der Rahmen war abgesteckt.

Letzte Woche habe ich schon beschrieben, dass es eine denkbar schlechte Idee ist, 50% Aggro Deck und 50% Controldeck zusammenzuschieben und auf ein gutes Ergebnis zu hoffen. Karten wie „Malefiz – Auf der Lauer“ oder „Pinocchio – Hauptattraktion“ hatten in meinem Deckansatz nichts verloren.

Set6 bot mir gleich zwei interessante Karten, die ich gerne ausprobieren wollte. „Naseweis – Flinke Fliegerin“ und „Dschinni – Wunsch erfüllt“. Naseweis hatte zudem den großen Vorteil, dass sie das bis dato beste Shifttarget für die große „Naseweis – Gigantische Fee“ war. Als wendige Charaktere boten beide Karten zudem die Möglichkeit schnell und relativ ungefährdet viele Legenden zu sammeln. Die gigantische Fee war mir allerdings zu clunky, als dass ich sie 4 mal spielen wollte und so bin ich (im Laufe meines Testings) immer zwischen 2 und 3 Karten geschwankt. Abgerundet wurde die wendige Squad durch Elsa – Der fünfte Geist. Die Karte hatte schon in anderen Amethystdecks in Set5 bewiesen wieviel Power in ihr steckt – auch hier erschienen mir 3 Exemplare als ausreichend. Der Kern stand also.

Nun geht’s an Eingemachte – wie gewinne ich Spiele? Indem ich Turn 3 wendige Charaktere lege und hoffe, dass der Gegner mich in den folgenden 4-7 Runden in Ruhe questen lässt und selbst am besten nur zuguckt? Unwahrscheinlich! Fangen wir mit dem ersten Archetyp, gegen den ich mich durchsetzen muss, an – Aggro.

Die geshiftete Tinkerbell auf Turn 4 ist da sicherlich ein guter Ansatz, aber alleine reicht das auch nicht, wenn man bedenkt, dass Turn 1 Daisy Turn 2 Ferkel Turn 3 Daisy + Ferkel (oder heute Susi + Ferkel) uncontested schon riesige Schritte Richtung Sieg genommen haben. Glücklicherweise hatte Set6 da auch direkt die nötige Antwort parat – in Form von „Sergeant Calhoun – Marinefeldwebel“. Zusätzlich zum Staple aus Steelsong „Herr Smee – Stümperhafter Offizier“ war auf Turn2 somit schon einiges an Boardcontrol vorhanden. Herr Smee erfüllt hierbei eine Doppelrolle gegen Control, doch dazu später mehr.

Außerdem hatte ich eingangs davon gesprochen, dass mir Carddraw sehr wichtig ist. Es gibt keine Tintenfarbe, die bessere Carddraw 1-Drops hat als Amethyst mit Diablo, Chernabogs Anhängern und dem Magischen Besen. Meine Wahl fiel hier von Anfang an auf Diablo und Chernabogs Anhänger. Diablo ist in meinen Augen die beste Option gegen Steelsongdecks (looking at you Ballroom Sensation / Let the storm rage on), während mir bei den Anhängern vorallem die 2 Stärke gefällt, ebenfalls um das Board notfalls früher contesten zu können.

Gepaart mit „Kater Karlo – Schiedsrichter der Spiele“ und einigen Removal Liedern (zuerst habe ich ebenfalls „Let the strom rage on“ gespielt, bin dann aber auf „Herz aus Stahl“ und „Dann kam der große Zeus“ gelandet), fühlte ich mich gegen Aggro gut aufgestellt. An der Wahl der Lieder und dem Prozess den ich hier durchlebt habe, sieht man wunderbar, dass nichts über ausführliches testen geht. Da mir der Sänger in Turn1 fehlt im Vergleich zu Steelsong, Grünstahl Diablo Decks oder zeitweise (pre-Ban) auch Blaustahl, verliert der Storm an Relevanz und die Fähigkeit getintet zu werden hat dann letzten Endes den Ausschlag gegeben Herz aus Stahl zu spielen. Hier hat mir vor allem auch der Austausch mit meinen Teammates (in dem Fall Sascha) geholfen. Sprecht mit Freunden – Feedback von außen ist Gold wert.

Durch meine Limited Erfahrungen fühlte ich mich zum Thema Value Trades relativ sicher, sodass ich die geringste Mühe investiert habe, um mich gegen andere Midrange Decks aufzustellen. Bleibt also Control als Matchup. Als ich noch Steelsong gespielt habe, hatte ich so meine liebe Mühe insbesondere mit Rot-Blau Decks, und auch mein bisheriges Charakter-Line-up ist nicht nur anfällig gegen Be prepared, sondern auch gegen Sisu. Decks die traditionell gegen Rot-Blau stark waren, waren vor allem Aggro Decks. Und mit ner guten Kurve von Smee into Tink into Dschinni lassen sich gut Legenden sammeln. Aber 1. hat man die ideale Kurve nicht immer und 2. hat der Gegner manchmal was dagegen, dass man einfach so davonläuft. Also brauchte ich noch weitere Lösungen für controlligere Decks. DKP hat mal irgendwo erzählt, wie wichtig es ist die McDuck Manors richtig einzusetzen z.B. nach einem Be Prepared vom Gegner. Nun wir haben in Lila Stahl keine Manors mit 9 Willenskraft, aber wir haben Schlösser und Bibliotheken, die ganz ähnliche Daseinsberechtigungen haben. In Rot-Lila wurden diese Orte früher schon eingesetzt, um zusätzlichen Value zu generieren. Ich nutze sie eher als zusätzliches Out gegen Controldecks, um nach dem Be prepared passiv Loregain aufs Board zu legen. Mit Set 7 kam dann noch die Riesenkobra hinzu, die ebenfalls ein perfektes Out bietet, um die letzten 2 Lore zu sammeln. Die Kombination aus Aggro-Questern, Orten und Instant Loregain (Kobra und Ziege) hat mir bisher sehr gute Dienste gegen Controldecks geliefert.

Ein bisschen Goodstuff Bounce noch, um das Deck abzurunden und fertig war mein Amethyst-Steel Midrange Deck. Nun ja das klingt leichter als gesagt und ehrlicherweise auch ein bisschen wie ein Kochrezept. Es sind einerseits sehr viele Überlegungen in die erste Version dieses Decks geflossen und dann kam Testing, viel viel Testing und immer wieder kleinere Anpassungen. Ich habe auch Karten ausprobiert, von denen ich persönlich nicht überzeugt bin, die ich aber in anderen erfolgreichen Listen gesehen habe – wie Doc oder Elsa – Spirit of Winter. Nagut letztere war meine eigene Idee zu Beginn, aber keiner hat gesagt, dass ich nicht auch mal 'nen Griff ins Klo machen kann :D.

Das Deck hat eine Tintenkurve mit einem deutlichen Schwerpunkt bei 3 und 4, wobei die Lieder oftmals für Tempoplays gesungen werden können und auch die große Tinkerbell eher als 4-Drop zu sehen ist und damit das Top-End komplett fehlt, bzw. bei 5 aufhört. 14 Uninks geben dem Deck auch eine hohe Konsistenz (die Stochastik gibt uns hierbei vor, dass zwischen 15 und 18 Uninks vertretbar sind), sodass ich nahezu nie gebrickt bin. Ich habe genug 1 und 2 Drops, um mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in den ersten Zügen Karten spielen zu können, aber wenig genug, um diese Karten selten als Top-Deck zu sehen (was in meinen Augen auch ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist).

Zum Abschluss noch zwei Bemerkungen: Ich würde nicht von mir behaupten, dass ich ein brillianter Deck-Builder bin. Da gibt es sicherlich fähigere Leute, in diesem Fall hat es allerdings sehr gut geklappt. Der große Vorteil ein Deck selber zu bauen ist, dass man genau weiß, wofür welche Karte im Deck ist. Gerade Spielern, die mit den jeweiligen Konzepten noch nicht so vertraut sind, rate ich aber - nutzt das Internet und netdeckt. Wir haben diesen gewaltigen Ressourcenpool von Decks, die unzählbar getestet und weiterentwickelt wurden.

Und zweitens: Neue Sets und neue Karten sind toll. Alles Neue glitzert erstmal und regt die Inspiration an. Aber für das competitive Play und wenn ihr direkt zu Beginn Turniere vor der Brust habt, stellt euch immer die Fragen: „Wo hat mein Deck im aktuellen Meta Probleme?“, „Löst die neue Karte diese Probleme?“ und „Sorgt die neue Karte dafür, dass die grundsätzliche Strategie meines Decks vorhanden bleibt?“. Denn es gibt nichts schlimmeres als eine Lösung für ein Matchup aufzunehmen und dafür 3 andere Matchups schlechter zu machen. Macht Änderungen an Netdecks mit Bedacht.

Ich hoffe ich konnte euch auch in dieser Reise ein paar Herangehensweisen näherbringen und vielleicht das ein oder andere Konzept aufzeigen. Wir sehen uns nächste Woche, um über den Mulligans zu sprechen. Stay tuned, seid lieb zu einander und habt Spaß beim Kartendrehen =)

Euer Stefan

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